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Die Internet-Welt
Esther Willma (4. Sem.)
Weil die in der Internet-Welt verfügbaren Informationen unerschöpflich zu sein scheinen, verlieren ihre Nutzer leicht das Gefühl für Raum und Zeit. Schnelligkeit und Vielseitigkeit der Netzkommunikation werden durch Verlust von persönlichem Ausdruck und Mangel an Nachdenklichkeit erkauft; selbstständiges Denken zunehmend durch Kopieren fertiger Fakten ersetzt. Letztlich entscheiden sich die Vorteile des Internets am sorgsamen, verantwortungsbewussten Umgang mit dem Medium. Wie schon Aristoteles sagte: „Wir können den Wind nicht ändern, aber die Segel anders setzen“.
Die Internet-Welt. Allein die Begriffe Internet und Welt deuten auf etwas Großes hin. Das Wort Internet ist lt. Duden eigentlich ein Kurzwort aus dem Englischen international und network und heißt im Deutschen so viel wie internationales Netzwerk oder internationales Computernetzwerk und das Wort Welt steht allgemein gesehen für unsere Erde, auf der wir leben. Aber die Welt ist noch mehr. Sie umfasst nicht nur unseren Planeten, sondern auch alle anderen Himmelskörper sowie Raum und Zeit, eine unendliche Weite.
Manchmal kommt es mir so vor, als wären auch die Informationen, die ich aus dem Internet ziehen kann, unendlich. Gleichzeitig wird mir dabei oft bewusst, dass die Zeit, die ich mit meinen Recherchen im Netz verbringe, sich ebenfalls unendlich ausdehnen kann, wenn ich nicht rechtzeitig den Absprung aus der Flut der Informationen und Kommunikationsmöglichkeiten finde. Mir ist durchaus klar, dass das Internet inzwischen zu einer scheinbar unerschöpflichen Quelle für Informationen aller Art geworden ist und somit auch der Erweiterung meines Wissenshorizontes dienen kann.
Die Kunst im Umgang mit dem Internet besteht allerdings darin, möglichst gezielt nach Informationen zu suchen und sich nicht von aufblinkenden Fenstern, leuchtenden Schriftzügen, mit Ton unterlegten Werbespots, weiterführenden Links oder Ähnlichem von dem eigentlichen Ziel ablenken zu lassen. Ganz im Sinne von Lucius A. Seneca (1-65 n. Chr.) „Nirgendwo ist der, der überall ist.“ bemerke ich, dass ich durch die ständige Ablenkung und das Lesen der verschiedenen weiterführenden Links, das eigentliche Thema meiner Recherche aus den Augen verliere. Die Konzentration auf ein einziges Thema hätte mich demzufolge schneller und vollständiger zu meiner gesuchten Information geführt.
Mir fallen auch die Internetnutzer ein, die bei Computerspielen im Netz scheinbar jegliches Gefühl für Raum und Zeit verlieren und gebannt das Erreichen des nächsten Spiellevels anstreben. Wie Süchtige sitzen sie stundenlang und manchmal tagelang an ihren Computern und befinden sich mit all ihrer Aufmerksamkeit nur noch bei ihren Computerspielen, unter anderem auch, weil sie sich selbst bereits als Teil der Spiele begreifen. Jegliche Kommunikation innerhalb der Familie, mit Bekannten oder Freunden scheint ihnen abhanden gekommen zu sein. Dieses exzessive Verhalten empfinde ich als besorgniserregend. Kann ein falscher bzw. zu intensiver Umgang mit dem Internet auch krank machen? Begriffe wie Internetsucht oder Entziehungserscheinungen im Zusammenhang mit der Nutzung des Internets sind seit längerem bekannt.
Die bereits oben genannten Gefahren, vor allem die lange Zeit der Nutzung des Internets und damit verbundener Programme führen auf jeden Fall zu starker Beanspruchung der Augen, zu Müdigkeit, zu Konzentrationsproblemen und zu extremem Bewegungsmangel. Man kann gewisse Parallelen ziehen zu den Warnungen vor zu langem Fernsehen. Auch dort wurden schon vor Jahrzehnten regelmäßig Zahlen veröffentlicht, die belegten, wie lange vor allem Kinder und Jugendliche vor dem Fernseher sitzen und sich berieseln lassen. Obwohl also negative Auswirkungen schon damals bekannt waren, hat sich bis heute wenig geändert. Die Bildschirme der Fernsehgeräte sind inzwischen sogar noch größer geworden und der Computer mit dem Internet ist als „Konkurrenz“ zusätzlich verfügbar.
Mir fällt auch auf, dass die alten Kommunikationswege, wie etwa das Telefonieren mit dem Telefon oder das Briefeschreiben, zunehmend weniger und durch das Telefonieren im Netz oder Chatten im Chatroom und das Schreiben von E-Mails ersetzt werden. Auch hier spielt wohl der Zeitfaktor eine große Rolle. Wo früher nach längerem Nachdenken über einen Satz die Schreibfeder über das Papier kratzte und manchmal im Schriftbild des Schreibers die Gemütsverfassung ablesbar war, „hacken“ heute die Menschen hektisch in die Tastatur, tippen schnell noch auf „Rechtschreibprüfung“ und senden den Brief umgehend per Knopfdruck an einen oder mehrere Empfänger. Das Tempo der Kommunikation wächst vom Erstellen eines Briefes im Schreibprogramm über die Mail bis zum Chat im Netz, bei dem manche wegen der vielen Teilnehmer schon den Überblick verlieren. Der große Vorteil ist die Schnelligkeit und die Vielseitigkeit der Computernutzung, dem gegenüber stehen jedoch als Nachteile der Verlust von persönlichem Ausdruck und der Mangel an einer gewissen Muße beim Nachdenken und Schreiben. Für die elektronische Übermittlung der oben erwähnten Gemütsverfassung hat die Internet-Welt allerdings auch Lösungen entwickelt, u. a. diese: :-), 🙁 oder diese: *vor Freude in die Luft spring*, *Träne aus dem Auge tropf*.
In nahezu allen Berufszweigen wird heute mit dem Internet gearbeitet. Das setzt bei den Arbeitenden aber voraus, dass sie den Umgang mit diesem Medium beherrschen. Für die ältere Generation ist dies zum Teil jedoch ein Problem. Sie sind nicht mit dieser Technik „aufgewachsen“ und verfügen somit auch nicht über die Kenntnis und Bediensicherheit, wie beispielsweise ein Großteil der jüngeren Generation.
Meine Eltern haben den Anfang der Computernutzung und des Internets erlebt und haben bestätigt, dass erst nach einer längeren Zeit die Angst verschwand, Dateien oder ganze Programme durch fehlerhaftes Drücken von Tasten oder Ausführen von Befehlen lahmzulegen. Meine Generation hingegen ist schon mit dem Computer aufgewachsen. Wir haben viele Funktionen spielerisch erlernt.
Es gibt zwar Ausnahmen, aber viele ältere Menschen fühlen sich rückständig und ausgegrenzt, weil sie aufgrund der schnellen Verbreitung und Weiterentwicklung der Computertechnik den Zugang zu diesem Medium verpasst haben oder intellektuell nicht Schritt halten konnten, um eine Internetkompetenz für sich zu entwickeln. Dafür kauft aber gerade die ältere Generation im Gegensatz zur jüngeren Generation mit einer gewissen Regelmäßigkeit die Zeitung, hört Nachrichten im Radio oder Fernsehen und bleibt auf diese Weise über das Alltagsgeschehen gut informiert. Die oben genannten Schwierigkeiten bei der Bedienung der neuen Techniken treffen aber nicht nur auf die Nutzung des Internets zu. Man denke nur einmal an die heutigen Fahrscheinautomaten mit ihrer Tastenfülle. Auch diese dürften so manchen älteren Menschen überfordern. Wie gut ist es dann, dass es noch den alten Fahrkartenschalter gibt, an dem ein Mensch sitzt, der einem die Fahrkarte verkauft.
In den Schulen wird das Arbeiten mit dem Internet zunehmend vorausgesetzt. So sollen meist in kurzer Zeit fast zeitgleich in verschiedenen Fächern Referate bzw. Präsentationen ausgearbeitet werden, für deren Ausarbeitung Informationen aus dem Internet gezogen werden müssen, weil eine Recherche in Fachbüchern aus Zeitgründen gar nicht mehr möglich ist. Auf diese und andere Weise verlieren zum Beispiel das Lexikon und andere Fachbücher immer mehr an Bedeutung und auch die Nutzung der Bibliotheken verliert immer mehr an Attraktivität. Ich vermute sogar, dass einige Schüler gar nicht mehr wissen, wie man in der Bibliothek nach Informationen bzw. Schlagworten suchen kann. Und durch die automatische Rechtschreibkorrektur im Computer benötigt man beim Verfassen eines Textes noch nicht einmal mehr den Duden, um nach der richtigen Schreibweise eines Wortes zu suchen.
Werden die Menschen immer „dümmer“, weil sie sich zu sehr auf das Internet verlassen?
Einerseits kann das Internet eine Quelle des Wissens sein, andererseits können die fertigen Informationen dazu führen, dass diese nur noch aufgenommen und verwendet werden, aber nicht zu weiterem Nachdenken und Recherchieren führen. Es könnte also zu einer Erweiterung des Wissens kommen bei gleichzeitiger Verarmung an eigenen Gedankengängen. Man könnte sagen: Wer laufend fertige Antworten „serviert“ bekommt, muss nicht selbstständig denken. Denken gehört aber zum Leben und zur Existenz des Menschen, wie schon der Philosoph René Descartes (1596-1650) meinte: „Ich denke, also bin ich.“ Wenn ich also nicht mehr denke, bin ich dann überhaupt noch?
Das selbständige Denken wird zunehmend ersetzt durch reines Kopieren von Fakten, Texten, Ergebnissen. Natürlich wurde auch früher auf vorhandene Texte, Berichte, Quellen zurückgegriffen, aber ich glaube, der Anteil an eigenem Gedankengut war höher, die Gefahr des reinen Kopierens nicht so groß. Wahrscheinlich ist es der Internetnutzer selbst, der entscheiden muss, inwieweit er seine eigenen Gedankengänge durch fertige Ergebnisse aus dem Internet ersetzen möchte.
Mein Vater hat seine Diplom-Arbeit in den achtziger Jahren noch mit einer Schreibmaschine verfasst und das benötigte Wissen für seine Abhandlung aus vielen Fachbüchern herausgelesen. Heute werden zum Beispiel Dissertationen mit Informationen aus dem Internet erstellt, zum Teil werden sogar ganze Textteile aus anderen Texten herauskopiert und in den eigenen Text eingefügt. Im schlimmsten Falle handelt es sich dann
bei angeblich eigenständig verfassten Texten, wie Diplom- oder Doktorarbeiten,
um Plagiate.
Die virtuellen Treffpunkte der Jugendlichen sind zunehmend die Internetseiten unter anderem von facebook und SchülerVZ. Dort chattet oder mailt man oder hinterlässt Nachrichten auf der Pinnwand. Die Wenigsten machen sich darüber Gedanken, welche positiven oder negativen Auswirkungen diese Art der Kommunikation auf das soziale Miteinander haben könnte.
Vielleicht hat man schon bei der Entwicklung des Telefons negative Auswirkungen auf die Kommunikation befürchtet. Tatsächlich konnte man von zu Hause aus mit anderen Menschen reden, ohne diese aber vor sich zu haben. Allgemein wird das Telefonieren aber bis heute als etwas Positives angesehen, gerade von der älteren Generation, deren Mobilität aufgrund ihres Alters meist stark eingeschränkt ist.
Heute sind die Möglichkeiten der computervermittelten Kommunikation so vielseitig, dass der Kontakt zwischen Menschen auf der ganzen Welt möglich ist und auch als positiv angesehen wird, da dieser eine große und vielseitige, kommunikative Gemeinschaft fördert, wenn auch in erster Linie nur digital. Das Gefühl, sich in einer Gemeinschaft zu befinden, erklärt sicher auch die immer noch wachsende Beliebtheit des Internets. Es gibt jedoch auch hier negative Begleiterscheinungen. Durch die intensive Kommunikation vom Computer oder Handy aus, wird das persönliche Gespräch „unter vier Augen“ überflüssig und damit auch das persönliche Treffen. Der Wunsch, etwas gemeinsam zu unternehmen wird reduziert, weil eben alles schon gesagt oder geschrieben worden ist. Bei kontaktarmen Menschen kann dies zu weiterer Abschottung und Vereinsamung führen.
Durch die vielen Möglichkeiten im Internet kann jeder ohne großen Aufwand eigene Texte, selbsterstellte Videos, Fotos oder Musik im Internet veröffentlichen und für jedermann im Netz zugänglich machen. Einmal ins Netz eingestellte Daten können jedoch nur schwer wieder gelöscht werden. Sie können auch durch andere Nutzer verändert werden und das vielleicht nicht immer zum Vorteil des Urhebers. „Das Internet vergisst nie.“ Dies ist ein Satz, der einen verunsichern könnte, aber scheinbar überwiegen die angenehmen Seiten des Internets und der Wunsch vieler Menschen, ihr Aussehen, ihr Können, ihr Wissen und ihre Fähigkeiten jedem zugänglich zu machen, trotz regelmäßiger Hinweise auf Gefahren, die sich durch die Transparenz einer Person ergeben können. Es sind Manipulationen möglich, die sich der normale Nutzer des Netzes meistens nicht einmal vorstellen kann, da hierfür spezielles Informatikwissen nötig ist, über das die wenigsten Nutzer verfügen. Der Trend hin zum gläsernen Menschen im Internet nimmt weiter zu, es entstehen neue Plattformen zur Kommunikation, die immer weiträumiger funktionieren, aber auch immer ungesicherter agieren, siehe zum Beispiel facebook und twitter. Auch hier bleibt es wohl jedem selbst überlassen, den Grad der Teilnahme an entsprechenden Internetforen und die Offenlegung persönlicher Daten zu bestimmen. Bei Kindern und Jugendlichen sollten natürlich die Eltern entsprechend einwirken.
Die öffentlichen Diskussionen zeigen, dass die Nutzung des Internets auf geteilte Meinungen stößt.
Einerseits kann in den von mir angesprochenen Bereichen wie Schule, Beruf, Freizeit, soziale Gemeinschaft etc. die Nutzung des Internets sehr positiv sein und eine Bereicherung darstellen. Voraussetzung dafür ist jedoch ein sorgsamer Umgang mit dem Medium Internet, eine gewisse Internetkompetenz und ein verantwortungsbewusstes Verhalten.
Andererseits kann ein zu sorgloser Umgang mit dem Internet unter anderem zu Enttäuschungen, sozialer Isolation und Krankheiten führen. Weitere negative Begleiterscheinungen können zum Beispiel der Datenmissbrauch, der Internetbetrug und der Identitätsdiebstahl sein.
Das Internet ist mittlerweile auf der ganzen Welt verbreitet und mit all seinen positiven wie negativen Auswirkungen nicht mehr wegzudenken. Deshalb wird es zum größten Teil auf den Internetnutzer selbst ankommen, inwieweit er sich in die Internet-Welt begeben möchte, welche Chancen er sich erhofft und nutzen will und welchen Risiken er sich dabei aussetzen möchte.
Schließen möchte ich mit einem dazu passenden und sehr schönen Zitat von dem großen Philosophen Aristoteles (384 v. Chr. – 322 n. Chr.):
„Wir können den Wind nicht ändern, aber die Segel anders setzen.“
Quelle der philosophischen Zitate: http://www.zitate-online.de, eingesehen am 9.1.2012.
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