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Carossa als Schulname

Debatte um Hans Carossa

Der Name ist nicht zeitgemäß

Schulleiter Rußbült im Interview zur geplanten Umbenennung


Über Hans Carossa als Namenspatron wird in Spandau seit einigen Wochen debattiert, Anlass für den Tagesspiegel-Redakteur Görke bei Schulleiter Rußbült nach dem Stand der Diskussion am Hans-Carossa-Gymnasiums zu fragen. Das Interview erschien am 1. 3.2022. Im Folgenden werden zentrale Passagen zitiert bzw. referiert.

Nein, es sei noch keine Entscheidung gefallen, konstatiert Henning Rußbült in Görkes Interview. Aber es gebe eine klare Bereitschaft aller Gremien der am Schulleben Beteiligten, den Schulnamen zu ändern.

Die Schulgemeinschaft – Schülerinnen und Schüler, Eltern, Lehrerinnen und Lehrer – hätten sich bereits vor 5 Jahren mit der Umbenennung der Schule beschäftigt, damals allerdings aus verschiedenen Gründen das Projekt abgebrochen.

Die Wiederaufnahme des Projekts sei durch die Ausstellung zu den ‚gottbegnadeten Künstlern der NS-Zeit‘ im Deutschen Historischen Museum angeregt worden; dabei habe eine engagierte Mutter, die in die Ausstellung involviert gewesen sei, die Schule fachkompetent beraten und die komplexe Problematik des Schulnamens Hans Carossa im historischen, aber auch aktuellen Kontext aufgezeigt.

Ausschnitt aus der Gründungsurkunde der Bezirksverordnetenversammlung Spandau 1957

Rußbült: Carossa als Schulname nicht angemessen
Für die Gremien des Hans-Carossa-Gymnasiums, aber auch für mich persönlich steht nach all der Zeit fest: Lasst uns nicht mehr rumdoktern, ob tragbar oder nicht, der Name ist nicht zeitgemäß. Er erfüllt unserer jetzigen Ansicht nach nicht die Kriterien eines angemessenen Schulnamens.

Hans Carossa war aus meiner persönlichen Sicht eindeutig Profiteur der Nazis und darüber hinaus gibt es weitere gewichtige Gründe – auch im Hinblick auf sein Werk und seinen Umgang mit der Vergangenheit -, die Entscheidung der Schulnamensumbenennung rechtfertigen.

Gibt es schon einen neuen Schulnamen? 
Nein, es gibt aber zahlreiche Ideen. Wir greifen die aktuelle Diskussion ums Carossa-Quartier in Hakenfelde auf und wollen uns in einer kleinen Projekt-AG, der auch ich angehören werde, damit auseinandersetzen und eine Entscheidung mit 2/3-Merheit in der Schulkonferenz treffen.

Wann gibt es den neuen Schulnamen? 
Ich hoffe, dass wir bis zum Herbst 2022, vielleicht schon nach den Sommerferien, einen neuen Namen finden.

Der Journalist nennt mögliche Namen: Gymnasium an der Gatower Heide?  Albert-Einstein-Gymnasium? „Der hatte eine Laube in Spandau“.

Rußbült bleibt hart: Sie können jetzt viele Namen nennen, ich werde dazu nichts sagen. Ich verantworte diesen Schritt nicht allein, das entscheiden wir gemeinsam in den Gremien der Schulgemeinschaft.

Nach seinen Kriterien für eine gute Namenswahl gefragt, meint Rußbült:
Gut wäre ein Bezug zu unserer Schulgemeinschaft. Die Person sollte meiner Auffassung nach ein Vorbild für Schülerinnen und Schüler sein im Hinblick auf Demokratieverständnis. Oder die Person muss für herausragende persönliche Lebensleistungen auf fachlicher oder gesellschaftlicher Ebene stehen.

 

Wird der Name Hans Carossa damit ganz gelöscht? 
Nein, er gehört zu unserer Geschichte, aber er stammt aus einer anderen Zeit. Wir werden in AGs diskutieren, wie man das aufarbeiten und visualisieren kann: Ich persönlich kann mir vorstellen, zum Beispiel in der Schule eine sichtbare Dokumentation des gesamten Schulnamensumbenennungsprozesses – schönes Wort –  anzubringen.

Mir ist es wichtig, dass wir den Prozess am Ende nachvollziehbar darstellen können, warum wir zu der Namensänderung gekommen sind. Hier sind wir in der Pflicht, aktiv mit den Schülerinnen und Schülern im Rahmen von Projekttagen für Transparenz und Aufklärung zu sorgen.

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Text: Manfred Heun
Foto-Bearbeitung: Annegret Wagner