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Curriculum: Ergänzungskurs „Neurowissenschaften“

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Darstellung des Zusatzkurses „Neurowissenschaften“

Name der Schule: Hans-Carossa-Gymnasium

 

Schulnummer: 05Y03
Ansprechperson, z.B. Fach(bereichs-)leitung: Dr. Ulrich MüllerKontakt: Muellermozart@web.de

 

 

Angaben zur Einrichtung und Organisation
Titel des Zusatzkurses:Neurowissenschaften (im Plural)
Anbindung an den Rahmenlehrplan (Fach, übergreifendes Thema oder Basiscurriculum)Fach: Philosophie gemäß Rahmenlehrplan C (Oberstufe) von 2022

Übergreifendes Thema: Das Verhältnis von Gehirn und Geist (Leib und Seele, Körper und Bewusstsein, Physischem und Psychischem)

Grundsätzliche Überlegungen zur Einrichtung des Zusatzkurses (Warum soll der Kurs eingerichtet werden?)Philosophische Problemreflexion insgesamt wird gefördert durch:

– Förderung der wissenschaftspropädeutischen Kompetenz: des Verständnisses für Forschung(Zielsetzungen, Untersuchungsmethoden, Experimentaufbau etc.) und Darstellung (Relevanz, Deutung und Bewertung der Forschungsergebnisse etc.) als die beiden wissenschaftstheoretischen Hauptaspekte der Neurowissenschaften

– Förderung der anthropologischen Kompetenz in Bezug auf unsere psychisch-physische Doppelstruktur (Überlegungen zu einem angemessenen Menschenbild)

– Förderung der praktischen Kompetenz in Bezug auf systematisches Meditieren-, Entspannen-, Sich-Besinnen-Können

-Förderung der kreativen Kompetenz in Bezug auf die Versprachlichung von Meditationserlebnissen im Tagebuch

– Förderung der interdisziplinären Kompetenz: des Verständnisses für den Zusammenhang der Fächer Philosophie, Biologie (insbes. Neurobiologie), Psychologie (insbes. Psychoanalyse und Theorie der Gefühle), Linguistik, Künstliche-Intelligenz-Forschung, Informatik, Pädagogik (insbes. Lernforschung)

– Förderung der wissenschaftsethischen Kompetenz: des Verständnisses für ethische Chancen und Risiken der Neurowissenschaften (insbes. von KI, Enhancement, Tiefenstimulationen und Gehirnoperationen)

– Förderung des Verständnisses für neurowissenschaftliche Anwendungen(insbesondere in den Bereichen Medizin, Gesundheitsvorsorge und Lernen)

gesellschaftliche Bedeutung der Gehirnforschung (warum wird so viel Geld in diese Forschung gesteckt?)

Kurshalbjahr für den Beginn: Q1    ☐ Q2   ☐ Q3   ☐ Q4
Anzahl der Kurshalbjahre:2 (Q1 und Q2)
Einrichtung zum Schuljahr:2024 / 25
Kurs ist jahrgangsübergreifend geplant:☐ ja     nein

 

Wochenstunden☐ 2 Wochenstunden     3 Wochenstunden
Leistungsnachweis pro Semester:☐ Klausur

oder

 Projektarbeit/Klausurersatzleistung

 

 ggf. weitere:

a)    Essay zu einem neurophilosophischen Thema

b)    angemessene Führung eines Meditationstagebuchs (nur in formaler Hinsicht zu bewerten)  

Gestaltung des Kurses 
Eine direkte inhaltliche Überschneidung zu Themenfeldern des RLP besteht nicht. wurde geprüft

Anmerkungen: a) Aufbau und Funktion des Gehirns überschneiden sich teilweise mit dem Rahmenplan Biologie (Sek II), sind aber als Einstieg in die Neurowissenschaften unverzichtbar. Die wenigsten Schüler*innen verfügen über Gehirn-Wissen aus dem Sek I-Unterricht. – Einige Inhalte, z.B. die Theorie der Gefühle, könnten sich mit einem Fach Psychologie überschneiden, das an unserer Schule aber nicht existiert.

Inhaltliche Schwerpunkte:
1. Semester des Kurses

Die Grundlagen und das Zentrum der Neurowissenschaften

– der biologische Aufbau (Kartographierung) des menschlichen Gehirns und seiner grundlegenden Funktionsweisen an Beispielen aus dem Alltag und der Literatur

– die philosophischen Grundlagen der Neurowissenschaften (insbesondere sprachphilosophische und wissenschaftstheoretische Grundlagen an jeweils ausgewählten Beispielen)

– die Hauptthemen und -Debatten der Neurowissenschaften: Neuromythen, Neuroimaging, freier Wille im Anschluss an die Libet-Experimente, Kognition und Sprachfähigkeit, neuronales Korrelat von Bewusstsein (NCC), Neuro-Enhancement, Wirkungen von Meditationen auf das Gehirn

2. Semester des Kurses

Die Praxis der Neurowissenschaften

Anwendungsfelder der Neurowissenschaften an Beispielen wie ‘experimentelle Ethik’ (z.B. Auswirkungen der Umgebung auf moralisches Verhalten), ‘experimentelle Psychologie’ (framing, priming), Gesundheitsförderung (Brainfood, Achtsamkeitstechniken, Schwerpunkt praktische Meditationen)

– wissenschaftspraktische Probleme (Experimentaufbau, Untersuchungsmethoden wie fMRT, EEG etc.)

– wissenschaftsethische Probleme (an Beispielen, wie den möglichen Folgen von Tiefenstimulation, Operation, Enhancement etc.)

– ästhetische Aspekte (Gehirndarstellungen in Kunst und Literatur)

Fächerübergreifende Aspekte oder Verbindung zu übergreifenden Themen des RLP– Neurowissenschaften zwischen Natur- und Geisteswissenschaften (interdisziplinärer Aspekt)

– Gesundheitsförderung (ÜT 4)

– Verbraucherbildung (ÜT 13)

– Lernforschung (ÜT 11)

– Gewaltprävention (ÜT 6)

– Sprachbildung (BC)

Kompetenzentwicklung
geförderte Kompetenzen– neurowissenschaftliche Grundbegriffe kennen

– ethische Chancen und Risiken neurowissenschaftlicher Anwendungen erkennen

– neurowissenschaftliche Probleme wahrnehmen und deuten

argumentieren und urteilen im Problemfeld zwischen Gehirn und Geist

weitere angestrebte Kompetenzentwicklung– selbstständiges wissenschaftliches Recherchieren

– einen wissenschaftspropädeutischen Vortrag gestalten, halten und verteidigen

– begründete neurophilosophische Selbstpositionierung

Fachmethodische Schwerpunkte– populärwissenschaftliche Artikel lesen und verstehen

– neurowissenschaftliche Methoden und Fragestellungen auf Beispiele beziehen oder auf einfache Experimente anwenden

Diskutieren neurowissenschaftlicher Grundprobleme, z.B. mereologischer Fehlschluss, Freiheit und Determinismus, Problem der Qualia, Sitz des ‚Selbst‘ im Gehirn, Neurozentrismus

Mögliche Kooperationspartner /außerschulische Lernorte– Max-Delbrück-Zentrum

– Medizinhistorisches Museum der Charité

– Gärten der Welt

– Humboldt-Universität

weitere InformationenWichtige Hintergrundliteratur (Auswahl):

Bennett/Hacker: Die philosophischen Grundlagen der Neurowissenschaften, Darmstadt 2010.

Antonio Damasio: Selbst ist der Mensch. Körper, Geist und  die Entstehung des menschlichen Bewusstseins, München 2011.

Ulrich Müller: Friedensfreiheitliche Erkenntnis und Wissenschaft. Eine Kritik der neurophilosophischen Vernunft, Würzburg 2021.

Manfred Spitzer: Lernen. Gehirnforschung und die Schule des Lebens, Heidelberg 2011.

Wolf Singer/Matthieu Ricard: Jenseits des Selbst, Berlin 2017.

Zeitschrift “Gehirn & Geist”

Ergänzende Bemerkungen und ErläuterungenDer Ergänzungskurs “Neurowissenschaften” soll den Schüler*innen einen Einblick in die Vielfalt neurowissenschaftlicher Themen, Bezüge und Positionen ermöglichen. Diese Vielfalt folgt allein daraus, dass alles, was wir denken, wahrnehmen, fühlen und tun im Gehirn repräsentiert ist, nur nicht als solches, das heißt so, wie wir das Gedachte, Wahrgenommene, Gefühlte und Getane erleben, sondern eben als physikalische und elektrochemische Aktivität von u.a. Neuronen und Synapsen. Daraus geht die Vielfalt der neurologischen Bezüge hervor, die den Schüler*innen zu vermitteln ist: von der Neuro-Psychologie über die Neuro-Ästhetik bis hin zur Neuro-Theologie.

 

Im Kurs soll schwerpunktmäßig der neurowissenschaftliche Zusammenhang dieser Vielfalt verdeutlicht werden: die immer wieder neue Beschreibung und Ausdeutung der jeweiligen Korrelationen (nicht notwendig Kausalitäten) von neuronalen Aktivitäts-, bzw. Feuerungsmustern auf der einen und psychischem Geschehen auf der anderen Seite. Beide Seiten zusammen tragen unseres Erachtens zum besseren Verständnis und zur Selbsterkenntnis von Menschen bei. Ziel ist also die Herstellung von Verständigung zwischen den Fächern. Dabei muss immer klar werden, dass Gehirnfunktionen, logisch formuliert, notwendige, aber nicht hinreichende Bedingungen unseres Denkens, Fühlens und Handelns sind; philosophisch formuliert: diese sind “supervenient” gegenüber jenen; neurologisch gesagt: diese “emergieren” aus jenen.

 

Diese Situation der Neurowissenschaften macht es im dreistündigen Unterricht unbedingt erforderlich, die zahlreich möglichen Themen, Bezüge und neurophilosophischen Positionsdarstellungen stark zu begrenzen. Hier sollen vor allem die Interessen der Lernenden zum Zuge kommen. Aufgrund unserer Erfahrungen der vergangenen Jahre ist zu erwarten, dass die Hauptinteressen der Schüler*innen folgenden Themen gelten werden, etwa in dieser Rangfolge:

 

1.     Neurowissenschaftliche Theorie und lebensweltliche Praxis des Meditierens (zusammen mit der Reflexion in einem durchgehend geführten Meditationstagebuch nach dem Vorbild der Universität München und abschließender Fragebogenauswertung), ein Schwerpunkt in beiden Semestern, Literaturbezug: Singer/Ricard 2017, Müller 2021

2.     Neurowissenschaftliche Bedeutung und Funktion von Gefühlen, im 2. Semester, Literaturbezug: Damasio 2011

3.     Neurowissenschaftliche Fragen künstlicher Intelligenz, im 1. Semester, Literaturbezug: Spektrum Wissenschaft kompakt 2022/3

4.     Neurowissenschaftliche Aspekte psychischer Erkrankungen, im 2. Semester

5.     Vergleich tierischer und menschlicher Intelligenz, im 1. Semester

6.     Neuro-Enhancement, im 1. Semester

7.     Gehirn und Gesundheit (Brainfood, Sportwirkungen, Naturerfahrungen etc.), im 1. Semester

8.     Was macht Musik im Gehirn von Menschen?, im 2. Semester, Literaturbezug: Gehirn&Geist 2023/3

9.     Gehirngerechtes Lernen, im 2. Semester, Literaturbezug: Spitzer 2011

 

Uns ist klar, dass nahezu jedes dieser Themen einen eigenen Kurs begründen könnte. Aber wir setzen hier bewusst auf interdisziplinäre Vielfalt statt auf disziplinäre Beschränkung, um möglichst viele und verschiedene Schüler*innen-Interessen besser berücksichtigen zu können. Dies war bisher auch ein Grundstein für den Erfolg des Kurses. (Die Vertiefung eines Themas ist im Rahmen der Klausurersatz-Leistung möglich.)

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