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Gedenkfeier Margot Friedländer

Gedenkfeier zu Ehren Margot Friedländers

Am 9. Juli 2025 war unsere Schule mit 50 Schüler:innen, einigen Lehrer:innen und Eltern zur Gedenkfeier zu Ehren von Margot Friedländer in die Berliner Philharmonie eingeladen. Welch große Ehre!

Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier würdigte Margot Friedländer, indem er verschiedene Stationen ihres Lebens nachzeichnete. “Ein Gefühl der Leere begleitet uns seit ihrem Tod, seit dem 9. Mai. Sie fehlt uns. Wir vermissen sie“, sagte der Bundespräsident und weiter “Sie wollte uns bewahren, davor bewahren, dass solch ein Menschheitsverbrechen wieder geschieht.”

Seiner bewegenden Rede folgte das Lieblingslied von Margot Friedländer “Irgendwo auf der Welt”, gesungen von Max Raabe, mit dem Friedländer eine tiefe Freundschaft verband. Nach dem Auftritt von Max Raabe folgte die Rede des Regierenden Bürgermeister Kai Wegner. Er erinnerte daran, dass Margot Friedländer noch 2 Tage vor ihrem Tod im Roten Rathaus mit zarter Stimme ihre Botschaft “Seid Menschen!” vorgetragen und viele Anwesende zu Tränen gerührt habe.

Die Rede von Hèdi Bouden, Lehrer und Preisträger des Margot-Friedlander-Preises, enthielt einen Vorruf auf Margot Friedländer und brachte zum Ausdruck, dass wir alle aufgerufen sind, zu Vorbildern der Menschlichkeit zu werden, wenn wir zukünftig Friedländers großer Botschaft bewahren und ihr gerecht werden möchten.

Der Vorsitzende des Vorstandes der Margot-Friedländer-Stiftung Dr. Karsten Dreinhöfer sprach zum Abschluss der Gedenkfeier von den Plänen der Margot-Friedländer-Stiftung und endete schließlich sichtlich ergriffen mit den Worten “Danke Margot. Wir machen weiter!”

Einen sehr gelungenen Abschluss für die Gedenkfeier bot “David Hermlin and his Swing Dance Orchestre”. Das Publikum erfuhr, dass Margot Friedländer in ihrer Jugend sehr gerne Swing gehört und dazu getanzt hatte. Auf der Leinwand wurde während der musikalischen Darbietung eine tanzende Margot Friedländer im Alter von 102 Jahren gezeigt. So wunderschön!

Der Abend war bewegend und auf vielfache Weise sehr berührend.

 

Margot Friedländer und unserer Schule


Aus Anlass dieser Gedenkfeier hatten die Schülersprecher:innen ein Banner mit Margot Friedländers Botschaft “Bitte seid Menschen!” im Haupteingang unserer Schule angebracht.

Margot Friedländer bei einer ihrer Lesungen am Hans-Carossa-Gymnasium (2017)

Margot Friedländer war insgesamt 6 Mal an unserer Schule, zum ersten Mal 2011, damals durch Frau Wolf initiiert, und hat jedes Mal die Schüler:innen mit ihrer Lesung in ihren Bann gezogen. Auch in späteren Jahren bestand eine enge Beziehung zwischen Frau Friedländer und unserer Schule. Herr Kozian hat den Kontakt zu ihr gepflegt und weitere Lesungen mit Diskussionen für den 10.Jahrgang unserer Schule organisiert.

Einer Einladung der jetzigen Schülersprecher:innen konnte sie leider nicht mehr nachgehen. Margot Friedländer war nach eigenem Bekunden stets gern in unserer Schule. Sie hatte großen Einfluss auf alle Schüler:innen, die die Möglichkeit hatten, sie zu erleben. Jedesmal, wenn sie in unserer Aula sprach, war es ganz still.

Ihre klare Botschaft tragen viele Menschen in unserer Schule im Bewusstsein und im Herzen.

Eindrücke am Abend der Gedenkfeier

Hier ein paar Fotos, die nach der Gedenkveranstaltung entstanden sind.

Schüler:innen, Lehrkräfte und Schulsozialarbeiter:innen mit Olaf Scholz, Bundeskanzler a.D.


Die Bundesaußenministerin a.D. und aktuelle Präsidentin der UN-Generalversammlung, Annalena Baerbock; sie hat sich sehr gerne und länger mit Lehrer:innen und Schüler:innen unserer Schule unterhalten. Es war spannend!

 

Ricarda Lang, MdB von Bündnis 90/Die Grünen, war herzlich, offen, interessiert und genauso bewegt und berührt von der Gedenkfeier wie wir alle.

Max Raabe und Ingo Kozian im Gespräch über Margot Friedländer.

Der Gewinner des Margot-Friedländer-Preises, Lehrer Hèdi Bouden, er hat sich Zeit für mehrere Gespräche mit Schüler:innen und Lehrkräften genommen.

Persönliche Gedanken
von Schüler:innen, Lehrkräften und Schulsozialarbeiter:innen

J. Siebens (Schulsozialarbeiterin):
“Es bedeutet mir viel, dass Schüler:innen, Lehrkräften, Schulsozialarbeiter:innen und Eltern unserer Schule an der Gedenkfeier in der Philharmonie für Margot Friedländer teilnehmen durften. Es ist ein großes Geschenk an uns alle, dass Frau Friedländer mit 88 Jahren beschlossen hatte, zurück nach Deutschland zu kommen. Sie erhob ihre Stimme für all diejenigen, die es nicht mehr tun konnten. Sie wusste, dass sie einer der letzten Zeitzeugen der Nazi-Diktatur war, und sie fühlte als Überlebende eine Verantwortung dafür, dass die Schrecken und Grausamkeiten der Nazis sich niemals wiederholen dürfen.

Niemand sollte jemals erleben müssen, was ihr als junger Mensch während der Nazidiktatur widerfahren war.Ihre innere Größe und Stärke, aber auch die Last, die mit der Verantwortung einherging, die sie im hohen Alter auf sich nahm, treiben mir Tränen in die Augen. Diese kleine und zierliche Frau besaß eine menschliche Größe, die so vielen ihrer Generation fehlte.

Mein Opa war überzeugter Nazi und er gehörte zu den ‘Unverbesserlichen’, die auch noch nach 1945 von der Ideologie der Nazis nicht lassen wollte. Er hat niemals Reue gezeigt, nie Verantwortung für seine Taten übernommen und war nie fähig zu einer Geste der Versöhnung.

Ich, seine Enkelin, fühle eine Verantwortung dafür, dass sich die Schrecken der Nazi-Diktatur nicht wiederholen dürfen. Ich bin froh, an einer Schule zu arbeiten, die die Botschaft von Margot Friedländer bewahren und auch zukünftig an junge Menschen weitergeben wird. Ich verneige mich voller Achtung tief vor Margot Friedländer und ihrem Lebenswerk. Sie war ein menschlicher Segen!”

R. Hachim (Schülerin):
“Wir waren in der Berliner Philharmonie bei einer Gedenkfeier für Margot Friedländer. Ich fand es sehr schön, dass das Programm so abwechslungsreich gestaltet war, mal gab es Musik, dann wieder eine Rede, dann wieder Musik. Besonders hat mir gefallen, wie vielfältig die Musik war. Eigentlich höre ich solche Musik sonst nicht, aber an diesem Abend hat sie mir extrem gut gefallen.

Margot Friedländer trägt eine wichtige Botschaft in die Welt: dass wir alle Menschen sind, unabhängig von Religion, Herkunft oder Hautfarbe, und dass sich das, was sie erlebt hat, niemals wiederholen darf. Besonders berührt hat mich, als sie gesagt hat: ‘Es gibt kein muslimisches, kein jüdisches, kein christliches Blut.’ Das zeigt, dass Religion uns zwar unterscheidet, aber nicht unseren Wert als Menschen. Jeder Mensch ist wichtig, und wir alle tragen Verantwortung dafür, dass so etwas nie wieder passiert.”

I. Kozian (Lehrer):
“Was für eine beeindruckende Gedenkveranstaltung für Margot Friedländer und ihr Anliegen, Zeugnis abzulegen und ihren vorwurfsfreien Appell an uns alle, Mensch zu sein!

Die Energie und Strahlkraft dieser zierlichen kleinen Frau, ihr unermüdliches Streben und Einstehen für Menschlichkeit – von 2011 bis 2019 auch auf vielen Veranstaltungen am HCG – wurde nicht nur in brillanten Reden gewürdigt, sondern war auch durchweg physisch spürbar. In besonderer Erinnerung bleiben mir die Bilder der über 100-jährigen, Swing tanzenden Margot.

‘Seid Menschen’ – welch einfache wie klare Botschaft an uns. Lasst uns Menschlichkeit, nicht Hass, als Leitlinie und Richtschnur für eine lebenswerte Zukunft nehmen!”

G. Probst (Mutter):
“Sehr gerne habe ich an dieser wichtigen Ehrbezeugung für Margot Friedländer teilgenommen. Besonders beeindruckt mich, dass die Bedeutung dieser lebensbejahenden, starken und warmherzigen Frau weit über ihr Mahnen als Zeitzeugin und Chronologin der furchtbaren Verbrechen dieses dunklen Kapitels deutscher Geschichte hinausgeht. Sie hat nicht nur Deutschland die Hand zur Versöhnung gereicht und gezeigt, dass kein Mensch je zu alt ist, um inspirierend für die Jugend zu sein, sondern sie hat sich auch immer wieder mit ganzer Kraft für Menschlichkeit, friedliches Miteinander und Vergebung eingesetzt. Sie sagte einmal, ‘dass Menschen, ganz egal, welcher Hautfarbe, egal welcher Religion, als Menschen respektiert werden müssen’. Diese Maxime, ihr Appell zu mehr Menschlichkeit sollte uns alle gerade in diesen Zeiten leiten.”

M. Svoboda (Schülerin):
“In den letzten Tagen finde ich mich immer wieder zu alten Interviews und Dokumentationen von Margot Friedländer hingezogen. Ich wollte verstehen, wie es diese zierliche Frau geschafft hat, eine so positive Ausstrahlung zu haben? Wie schaffte sie es, dass Säle von Schüler*innen in Stille an jedem ihrer Wörter hingen?

Eine Antwort zu diesen Fragen fand ich nicht, aber das, was ich fand, war eine Frau mit einem unerschütterlichen Optimismus. Eine Frau, die uns trotz allem, was passiert ist, ihre Hand reichte. Sie sagte, dass wir uns für die Vergangenheit nicht schuldig fühlen müssen, wir müssen nur aus ihr lernen.

Mit einem einfachen Satz „Seid Menschen!“ verband sie uns alle, zeigte sie uns, das egal wer man ist oder woher man kommt, wir alle sind Menschen. Diese Nachricht, die sie vor allem an Schüler weitergegeben hat, war der zentrale Punkt des Abends. Es war kein Abend des Trauerns, viel mehr eine Zelebration von Margot Friedländers Leben. Ein Abend der Menschlichkeit, an dem man ihren Einfluss spürte. Wir alle tragen Ihre Nachricht weiter, wie alle sind Zweitzeugen.”

O. Klehm (Sozialarbeiter):
“Ich bin sehr dankbar, an der Gedenkfeier für Margot Friedländer in der Philharmonie teilgenommen zu haben. Ihre Geschichte und ihre Botschaft haben mich tief bewegt. Besonders als jemand aus Thüringen bin ich beunruhigt über die zunehmende rechtsextreme Entwicklung in meiner Heimat. Umso wichtiger war dieser Abend für mich – er hat mir Hoffnung gegeben. Margot Friedländer hat gezeigt, wie wichtig es ist, Menschlichkeit und Erinnerung wachzuhalten. Die Reden, die Atmosphäre und auch die inspirierenden Gespräche im Foyer haben mich sehr berührt und gleichzeitig beeindruckt. Ihre Lebensgeschichte ist ein eindringliches Mahnmal – und zeigt zugleich, dass man niemals die Hoffnung in das Gute und in die Menschen verlieren sollte.”

T. Altun (Lehrer):
“Den Moment, als Frau Friedländer und ich uns das erste Mal begegnet sind, werde ich nicht vergessen. Es war in der Aula unserer Schule und man wurde von ihrer positiven Aura angezogen. Ihr gesamtes Erscheinungsbild, die liebevollen Augen, ihre ehrliche Zuwendung und die Energie, die sie versprühte, standen so stark im Kontrast zu dem, was sie in ihrem Leben erleben musste.

Mir eröffneten sich viele Fragen: ‘Woher kommt diese Kraft und die Motivation? Wie kann man den brutalen Verlust von Eltern und Bruder überhaupt verkraften? Wäre ich auch in der Lage, weiterzuleben, nachdem ich die Nazis überlebt habe, aber meine Liebsten nicht? Wäre ich auch in der Lage, Hoffnung und Liebe zu verbreiten oder wäre das Leben nichts mehr wert?’

Als Mensch mit Migrationshintergrund stellt man sich auch 2025 noch solche Fragen, denn es gibt viele Orte, an denen Minderheiten nicht willkommen und nicht sicher sind, nicht gleich behandelt werden. Ich danke Margot Friedländer sehr, dass sie uns einen Weg gezeigt hat, dass sie uns unermüdlich an die Vergangenheit erinnert hat, dass sie uns motiviert hat, sich den Rassisten zu stellen und vor allem das Menschsein immer wieder hervorgehoben hat. Danke Frau Friedländer, Sie sind ein Vorbild, ein Wunder, ein Mensch.

„נוחי על משכבך בשלום“ (nu chi al mishkav’ch beshalom)”

L. Krusche (Schülerin):
“Obwohl ich Margot Friedländer nie persönlich kennenlernen durfte, war sie für mich eine wichtige Person, ein großes Vorbild und weit mehr als eine historische Persönlichkeit – sie ist ein lebendiges Symbol für unerschütterliche Stärke und selbstlose Menschlichkeit.

Dass sie nun nach über hundert Jahren verstorben ist, bedeutet für mich keineswegs, dass sie von uns gegangen ist, denn ihr Lebensgedanke lebt weiter, verkörpert durch das Vorbild, das sie uns hinterlassen hat. Mit bemerkenswerter Courage kehrte sie nach Deutschland zurück, jenem Land, das ihr so viel genommen hatte, um dort für Aufklärung, Erinnerung und Menschlichkeit einzutreten – getragen von einer unerschütterlichen Kraft, die aus tiefstem Schmerz Hoffnung schöpfte, und einer beeindruckenden Nächstenliebe, die weit über das eigene Schicksal hinausreichte.

Besonders bewegt mich der Ruf, der an uns herangetragen wird: Auch in einer Zeit, in der wir keinen Zeitzeugen mehr persönlich gegenübertreten werden können, liegt es an uns, das kostbare Erbe ihrer Botschaft zu bewahren und weiterzutragen.

Die Erinnerung darf niemals verblassen, und wir tragen die Verantwortung, mit aller Kraft für Liebe und gegen Hass einzustehen. Margot Friedländers Vermächtnis ist ein eindringlicher Appell an die Zukunft – ein Aufruf zur Wachsamkeit, zur Menschlichkeit und zur aktiven Gestaltung einer gerechteren Welt, dem wir nun, in ihrem Andenken, mit Verantwortung und Entschlossenheit folgen müssen.”

M. Baumann (Lehrer):
“Der Besuch der Gedenkveranstaltung für Margot Friedländer war in jeder Hinsicht eine besondere Veranstaltung: Die Vorbildhaftigkeit Margot Friedländers wurde durch ihr unermüdliches Engagement und die dringende Notwendigkeit zugleich deutlich. Prägende Zitate sind aktuell wie nie und müssen dringend bewahrt werden. Die Teilnahme von Bundespräsidenten und -ministern sowie zahlreichen Größen aus der Gesellschaft spricht für sich. Persönlich finde ich die Geste Friedländers, trotz ihrer Geschichte nach Berlin zurückzukehren, außergewöhnlich charakterstark.”

B. Christmann (Lehrerin) :
“Margot Friedländers Aufruf ‘Seid Menschen’ ist kein bloßes Zitat – es ist das Vermächtnis einer Frau, die das Unvorstellbare überlebt hat und dennoch mit Hoffnung gesprochen hat. Ihre Worte entsprangen keinem Lehrbuch, sondern einem Leben, das von Verlust, Verfolgung und Schmerz geprägt war – und dennoch geprägt blieb von der unerschütterlichen Überzeugung, dass Menschlichkeit möglich ist.

Wenn Margot Friedländer uns auffordert, ‘Menschen zu sein’, dann meint sie nicht bloß Freundlichkeit, sondern die moralische Verantwortung, Unrecht nicht hinzunehmen – egal, wo und in welcher Form es uns begegnet. Ihre Geschichte, ihr Überleben, ihr Verzeihen fordern uns heraus, nicht wegzuschauen, nicht zu schweigen, sondern mutig Haltung zu zeigen.

Gerade heute – in einer Zeit, in der Ausgrenzung,  Antisemitismus und Hass erneut sichtbar werden – erinnert uns ihre Stimme daran, was auf dem Spiel steht. Ihr Leben ist Mahnung und Auftrag zugleich: ‘Seid Menschen’ – mit Herz, mit Haltung, mit Mut.”

C. Rebafka (Mutter):
“Als ich gefragt wurde, ob ich als ein Elternteil der Schule an der Gedenkveranstaltung für Margot Friedländer teilnehmen möchte, habe ich sofort begeistert zugesagt. Wie erwartet war der abwechslungsreiche Abend sehr beeindruckend und berührend. Ich war tief bewegt von den Worten und Erinnerungen, die an das Leben und den Mut von Frau Friedländer erinnerten. Besonders beeindruckend fand ich ihre Stärke und ihren Mut, trotz all der schrecklichen Erfahrungen im Holocaust ihr Leben weiterzuführen und sich für Toleranz und Erinnerung einzusetzen.

Ich hätte Frau Friedländer sehr gerne persönlich kennengelernt – wie sie einen Raum mit ihrer Aura gefüllt haben muss. Ich kann es mir nur ansatzweise vorstellen. Herzlichen Dank an die Vertreter der Schule, dass ich diesen Abend miterleben durfte!”

U. Müller (Lehrer):
“Ich möchte den für mich wichtigsten Gedanken aus der Rede meines Hamburger Kollegen Hedi Bouden hervorheben: Nicht um Nachruf, sondern um Vor-ruf muss es uns gehen, wenn wir Margot Friedländers Botschaft ‚Seid Menschen und menschlich‘ zukünftig richtig verstehen wollen. Das klingt so einfach, fast selbstverständlich und gelingt unserer Gattung dennoch so selten. (Tiere sind da besser, weil sie keine Kriege kennen und nicht foltern.) Deshalb ist nach meinem Dafürhalten nichts so wichtig, als rechtlich darauf zu achten und uns moralisch dafür einzusetzen, Unmenschlichkeiten jeder Art zu verhindern.

Philosophien, die Friedländers Pflichtimperativ der Menschlichkeit und die regulative Idee der Versöhnung nicht kennen, sind weder praktisch noch politisch anschlussfähig, letztlich wertlos. Für diese Prinzipien steht Friedländer mit ihrem ganzen Leben und erzieherisch-aufklärendem Wirken ein. Ihr sozialmoralischer Appell muss uns Auftrag, Verpflichtung und Zweckbestimmung zugleich sein. Kants Gewaltverbot und Adornos Forderung eines Miteinander des Verschiedenen müssen uns endlich in friedländisch-menschliches Fleisch und Blut übergehen.”

J. Rebafka (Schüler):
“Die Gedenkveranstaltung für Margot Friedländer war für mich ein zutiefst bewegendes Erlebnis. Besonders beeindruckt hat mich, mit wie viel Lebensfreude und Herzlichkeit sie auch im hohen Alter anderen Menschen begegnete, ihre Botschaft vermittelte und sogar Swing getanzt hat. Trotz allem, was ihr widerfahren ist, hat sie sich bewusst dagegen entschieden, dem Hass Macht über ihr Leben zu geben – stattdessen stellte sie Liebe, Aufklärung und Versöhnung in den Mittelpunkt.

Für mich als jungen Menschen ist das ein kraftvolles Zeichen: Menschlichkeit ist kein verstaubtes Ideal, sondern eine Verantwortung, die wir jeden Tag neu übernehmen müssen. Ihr Appell ‘Seid Menschen und menschlich’ klingt einfach, ist aber zugleich eine große Verpflichtung. Besonders berührte mich, wie viele verschiedene Menschen zusammenkamen, um zu gedenken und ihre Botschaft weiterzutragen – ein lebendiges Beispiel dafür, dass Erinnerung aktiv gestaltet werden muss, damit sich Geschichte nicht wiederholt. Aus diesem Grund fände ich es auch einen richtigen Schritt, Margot Friedländers Vermächtnis durch einen Schulnamen zu würdigen.”

F. Federschmidt :
“Für mich war die Gedenkfeier von Margot Friedländer nicht nur eine Ort des Erinnerns, sondern auch eine Möglichkeit sich den Juden* und Jüdinnen, die ein ähnliches Schicksal wie sie erlebt haben, näher zu fühlen. Dank ihrer Kraft konnte sie ihre Geschichte mit uns mehrmals teilen, ein Schritt, den sich viele Überlebende nie getraut haben. Ich selbst habe Vorfahren, die sich, wie sie, in der Zeit der Shoa in Berlin verstecken mussten. Sie sind nach dem zweiten Weltkrieg, wie Margot, ausgewandert und, wie Margot, nach einiger Zeit wieder zurück nach Deutschland gekommen. Jedoch haben sie nie die Stärke zurückgewonnen, über ihr Schicksal zu sprechen. Dementsprechend habe ich mich über Margot Friedländer auch näher zu meinen eigenen Großeltern und ihrem Schicksal gefühlt, da Margot mir ihr ‘zweites Leben’ näher bringen konnte, auch wenn sie selber nicht die Kraft hatten, davon zu erzählen.”

T. Stolt (Vater):
Ich hatte die große Ehre, Frau Friedländer 2022 kennenzulernen. Zusammen mit der Schulleitung und der damaligen Schülersprecherin Lina Olrogge war ich als Gesamtelternvertreter der Schule bei ihr Zuhause. Diesen Besuch werde ich wohl nie vergessen! Sie hat uns nach wenigen Worten sofort in ihren Bann gezogen. Sie zeigte ihren Judenstern, ihre Kette, ihre Aufzeichnungen und erzählte davon, wie glücklich es sie machte, dass sie mit vielen Schüler:innen sprechen konnte und ihre Erfahrungen, aber auch ihre Hoffnungen weitergeben konnte. ‘Bitte seid Menschen!’ betonte sie, war ihre zentrale Botschaft. Diese wenigen Worte von Margot Friedländer gesprochen, haben eine große Wirkung in ganz Deutschland entfaltet.Das Echo dieser Worte hallte auch in der Berliner Philharmonie an diesem unvergesslichen Abend. Es waren bewegende Reden, sowohl vom Vorsitzenden der Margot Friedländer Stiftung Prof. Dr. Karsten Dreinhöfer, vom Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier, vom Regierenden Bürgermeister Kai Wegner und – für uns als Schule besonders interessant – vom Wilhelmsburger Lehrer Hèdi Bouden, der seine Rede ‘Vorruf’ nannte, um die Bedeutung das Erbe Margot Friedländers in die Zukunft zu tragen zu betonen.Nach der Gedenkfeier konnten wir uns noch mit den Gästen unterhalten und treffen. Hèdie Bouden erzählte mir, dass er kurz vor seiner Rede beschlossen hatte, seine Rede mit ‘Liebe Menschen’ zu beginnen. Es war ihm wichtig, wirklich alle anzusprechen, die anwesenden Schüler:innen und alle anderen Gäste direkt als Menschen anzusprechen.Max Raabe erzählte von seinen Begegnungen mit Frau Friedländer, so wie alle anderen ihre Erinnerungen austauschen. Es war keine traurige Feier, im Gegenteil: Die Philharmonie war gefüllt mit Licht und Leben, mit Frieden und Hoffnung, dem unbedingten Willen, für diese Werte einzustehen. Und sie war gefüllt mit den Worten Margot Friedländers:”Bitte, seid Menschen!”


E. Siebens
(Schülerin):
“Der Abend der Gedenkfeier für Margot Friedländer war für mich von großer Bedeutung. Er hat mir noch einmal deutlich gemacht, wie wichtig es ist, niemals aufzuhören, für unsere Zukunft zu kämpfen. Margot Friedländer ist ein Symbol für Mut, Gerechtigkeit und – vor allem – Menschlichkeit. An diesem Abend durfte ich ihr begegnen, auch wenn sie selbst nicht mehr unter uns ist.

Sie war ein offener Mensch, und es war bewegend, den Menschen zuzuhören, die ihr nahestanden. Ihre Worte haben mich tief berührt – es war eine Ehre, an diesem Abend dabei gewesen zu sein. Ich werde diesen Moment wohl nie vergessen.,”

Wir danken der Margot-Friedländer-Stiftung für die Einladung!


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Text: Thomas Stolt, Ingo Kozian, Jasmin Siebens
Fotos: Th. Stolt, C. Rebafka, J. Siebens (1), T. Altun (1), M. Heun (1)