Preloader image
   

WhatsApp-Interview

 

WhatsApp im schulischen Bereich verboten

Sind denn andere Messenger-Dienste sinnvoll?
Schulleiter Rußbült bezieht Stellung

Herr Rußbült, über 1.5 Milliarden Menschen weltweit nutzen den Messengerdienst WhatsApp. In Deutschland nutzen 73 Prozent der Zehn- bis Elfjährigen und 83 Prozent der Zwölf- bis 13-Jährigen Whatsapp. Der Berliner Senat hat die Verwendung dieses Nachrichtenmediums für den Schulbetrieb untersagt. Finden Sie das zeitgemäß?

Ja, ich halte diesen Senatsbeschluss durchaus für zeitgemäß, und zwar aus zwei Gründen.
Erstens: WhatsApp speichert seine Daten auf amerikanischen Servern; diese entsprechen nicht den europäischen Sicherheitsstandards.

Zweitens: Für die meisten unserer Schüler ist die Nutzung von WhatsApp rechtlich nicht zulässig. Die Whatsapp-Nutzerregeln erlauben die Verwendung des Messengerdienstes erst ab dem 16. Lebensjahr. Es ist Aufgabe der Eltern, dafür zu sorgen, dass sich ihre Kinder entsprechend verhalten.

 

Haben Sie Kenntnis von der Einrichtung von WhatsApp-Gruppen im Bereich des Hans-Carossa-Gymnasiums?

Wir hatten WhatsApp-Gruppen an unserer Schule vor ihrer datenschutzrechtlichen Einschätzung durch den Senat. Ich habe die Senatsposition auf der Gesamtelternvertreterversammlung und der Gesamtkonferenz entsprechend kommuniziert und ein WhatsApp-Verbot für unsere Schule ausgesprochen (Einzelheiten im Elternbrief Social-Media-Nutzung).

 

WhatsApp ist der unangefochtene Platzhirsch unter den Messengerdiensten. Daneben gibt es aber kleinere Dienste wie Telegram, Signal oder Threema. Sie fallen nicht unter das Verdikt des Senats.

Das ist richtig. Wir haben uns entschieden, einer Empfehlung des Senats zu folgen und einen anderen Messenger-Dienst für die Schule zuzulassen, nämlich schul.cloud .

Dieser vom Senat empfohlene Messenger-Dienst erfüllt die gleichen Funktionen wie WhatsApp, hat aber die datenrechtlichen Vorteile, dass keine Telefonnummern hinterlegt werden müssen, die geposteten Inhalten Eigentum des Absenders bleiben und vor allem auch Untersechzehnjährige als Nutzer zugelassen sind.

Zudem können die geposteten Inhalte nur vom Administrator gelöscht werden, so dass die Schüler*innen genau überlegen müssen, was und wie gepostet wird. Damit ist das Löschen von diskriminierenden oder beleidigenden Posts durch Nutzer nicht mehr möglich, und wir oder die Eltern haben die Möglichkeit, entsprechend zu reagieren.

 

 

Sollten Klassenlehrer eine Chat-Gruppe für ihre Klasse einrichten?

Grundsätzlich spricht nichts dagegen, wenn es klare Verhaltensregeln gibt und die Plattform als Arbeitsgrundlage für die schulische Arbeit dient. Die von der Schule eingerichtete Lernplattform lo-net2 bietet eine entsprechende Arbeits-Infrastruktur.

Wenn aber im Stile von „Wir plaudern hier privat“ oder „Wir machen jetzt mal ’ne Gruppe Wer ist der Blödeste in Klasse auf. Stimmt jetzt mal ab!“ verfahren wird, dann ist das nicht im Sinne des schulischen Bildungs- und Entwicklungsauftrags.

 

Und wie steht‘s da mit Mobbing?

Mobbing ist – wie überall – leider auch bei schul.cloud möglich. Die Schule unternimmt große Anstrengungen, zu fairem und respektvollem Umgang im Netz zu erziehen. Das ist auch im schulischen Kontext unsere Aufgabe und ein wichtiger Bildungsauftrag.

Aber natürlich ich sehe da auch die Eltern gefordert, durch Gespräch und eigenes Vorbild das kommunikative Verhalten des Kindes zu prägen. Letztlich tragen sie die Verantwortung dafür, wie sich ihr Kind in Chatgroups und in Kommentarspalten in der Freizeit verhält. Das betrifft auch die Weitergabe von Bildmaterial. Wir haben zahlreiche diskriminierende, rassistische und pornografische Filme auf Handys ab der Klassenstufe 6 gefunden, die versendet wurden.

Da sollten, ja ich denke gar, müssen Eltern sorgend eingreifen und orientierend helfen. Gute Hinweise für das Gespräch der Eltern mit ihrem Kind finden sich im sogenannten Digitalabkommen. Auf Grundlage dieses Vertragsentwurfs wird die Schulleitung in Zusammenarbeit mit der Elternvertretung, der Gesamtschülervertreung und der Gesamtkonferenz der Lehrer eine Vereinbarung entwickeln, die ab dem Schuljahr 2020/21 Schülern und Eltern bei der Einschulung als Verpflichtung zur Unterschrift vorgelegt werden wird.

_____
Interview: Heun; Fotos: pictura, schul.cloud