Iphigenie
Iphigenie goes Frauentag
Anlässlich des internationalen Frauentages am 8. März verfassten die Schülerinnen und Schüler aus dem GK Deutsch innerhalb von 25 Minuten einen Impromptu-Eingangsmonolog zu Goethes „Iphigenie auf Tauris“ – in zeitgemäßer Prosaform oder in freien Versen aus der Perspektive einer modernen Iphigenie. Lesen lohnt sich!
S. Klebig
Grafik: Studiobühne Erlangen
Eingangsmonolog
Manchmal tut dir jemand so weh, dass es plötzlich gar nicht mehr wehtut.
Bis etwas plötzlich passiert, das dich wieder fühlen lässt.
Und dann ist alles wieder da.
Jedes Wort, jeder Schwarz, jeder Augenblick.
Wie könntest du jemals verstehen, wo ich herkomme?
Wie ich gelebt habe? Was ich durchmachen musste?
Selbst wenn du fragst, wenn du zuhörst,
so kannst du es doch nicht hören oder fühlen.
Du bist meinen Weg nicht gegangen,
hast nicht gesehen, was ich sehe,
hast nicht gehört, was ich höre,
hast nicht gefühlt, was ich fühle.
Der Kummer meiner Seele, das Elend meines Lebens
überschatten den Schmerz, den mein Körper fühlt,
überschatten die Angst, die ich vor der Person eigentlich nicht haben sollte.
Eine Person, der ich vertrauen und bei der ich mich sicher fühlen sollte,
eine Person, die mich in meinen Ansichten und Taten unterstützen sollte.
Doch es scheint, als gäbe es nur die Nacht,
nur Albträume und nie einen Morgen.
Nichts, dass mich aus meinem Leben retten würde,
nichts, dass mich überleben ließe.
Und wieder beginnt alles von vorne.
Meine Vergangenheit, meine Geschichte, ist etwas,
dass immer zu mir gehören wird, obwohl es nicht meine Schuld ist.
Ich muss mir nur einreden, es liegt nicht an mir.
Nein! Es liegt nicht an mir! Es kann nicht an mir liegen!
Es muss an der Person liegen.
Einer Person, der ich vertrauen und bei der ich mich sicher fühlen sollte,
einer Person, die mich in meinen Ansichten und Taten unterstützen sollte.
Hoffnung auf einen Tag aller Tage ist schon lange verblasst,
Lichtblicke, die jeder einmal hatte, sind in den Hintergrund gerückt.
Wann kommt die Rettung aus diesem fürchterlichen Leben?
Heute, morgen oder doch erst in einem Jahr?
Wann errettet mich jemand aus diesem fürchterlichen Leben mir einer Person,
der ich vertrauen und bei der ich mich sicher fühlen sollte,
einer Person, die mich in meinen Ansichten und Taten unterstützen sollte.
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Heraus aus den typischen Geschlechterrollen und den -konflikten,
Heraus aus den immer noch vorhandenen Diskriminierungsäußerungen.
Männer- und Frauenrollen haben sich verändert: keine Frage,
Wir stehen den Männern im Job nicht mehr so nach,
Männer bleiben zu Hause und machen Elternzeit.
Doch was passiert,
wenn wir ohne Unterstützung und ohne Entscheidungskraft dastehen?
Die Sklavenbände und die Unterdrückung von Gesetze
können uns selbst heute noch ohne Gatten zu großen Problemen führen.
Wenn das Kind mit den Partner unter Freiwilligkeit gezeigt wurde,
egal ob es gewollt oder schlussendlich eine Überraschung war,
können die Geschlechterrollen ohne größere Probleme verändert werden.
Doch was passiert bei Zwang? Bei Gefahr für Leben und Gesundheit?
Was passiert, wenn uns etwas etwas angetan wurde
Dieser Frauenzustand ist selbst in der heutigen Zeit in manchen Ländern beklagenswert.
Der eigene Wille der Frau wird durch neue Abtreibungsrechte eingeschränkt.
Das erschwerte Leben, das einer Qual ähneln kann, wird vom Staat nur noch verstärkt.
Sollte die Frau nicht selbst entscheiden können, wann sie ihr Kind behält?
Ob sie ihr Kind behält?
Dabei dürfen kein Staat und kein Gatte dabei reinreden!
Es ist ihr Körper und ihr späteres Leben.
Sollte sie nicht bei Vergewaltigung sagen können, ich kann dieses Kind bei besten
Willen nicht behalten?
Oder sollte sie nicht sagen können, wenn der Fötus bereits im Mutterleib schwere
Schädigungen hat, dass sie für die Gesundheit des Kindes und ihrer eigenen das Kind
abtreibt?
Kinder, die keine Chance auf Überleben haben, sollten die Mütter nicht entscheiden
können, ob sie das ihrem Kind antun wollen? Ob sie sich selbst das antun wollen?
Staat,
der du eigentlich für alle Personen der Gesellschaft gleichermaßen da sein solltest,
rette die Frauen vor dieser Qual und ermögliche ihnen ihre eigene Entscheidung!
Lana Klein
Tausende Jahre sind vergangen. Und trotz dieser fast nicht vorstellbaren Zeit der Existenz des Menschen dominieren Ungerechtigkeiten unsere Gesellschaft. Ich frage mich, wie kann es mit unserem heutigen Wissenstand über Geschlechter und deren Gleichheit Benachteiligungen wie den Gender Pay Gap geben? Ein Mysterium! Ich als Frau bekomme für die gleiche investierte Zeit, für die gleichen Mühen, für die gleichen Einbußen, die gleiche Arbeit nicht das gleiche Geld?! Wie kann man so etwas in der heutigen Welt als Unternehmer oder anderer Entscheidungsträger vertreten? Nur, weil ich nicht als Mann geboren wurde, habe ich nicht das Recht auf gleiche Vergütung, und die damit verbundene Wertschätzung? Für ein Land wie Deutschland- so sehe ich das- ein Armutszeugnis. Alle sind sich bewusst: Jedes Menschenleben ist gleich viel Wert, zumindest würde niemand etwas anderes behaupten wollen. Sollte dann nicht auch jedem menschlichen Leben der gleiche Respekt gezollt werden? Ich empfinde meine Chancen als ungerecht und damit auch mein Ansehen als unfair. Das Traurige an diesem Empfinden ist, dass es sich leider nicht nur um ein Gefühl handelt, sondern um die Realität im 21. Jahrhundert.
Kevin Hünnekens
Waget nicht ein Wort zu sprechen
Mein Leben leb ich
Ach, Leben nennst du das?
Mein ganzes Leben lang von Rassismus und Diskriminierung umgeben
Ein schauderndes Gefühl, welches meinen Rücken runterläuft
Nun sitze ich hier, in diesem Klassenraum
Ich darf ihn nur betreten, unter einer Bedingung
Ich muss es abnehmen, meinen alltäglichen Begleiter
Mein Hab und Gut für das ich mich entschieden habe
Doch die Menschen um mich rum,
Sie bringen mich um
Als Monster sehen sie mich,
Doch was hab ich getan?
Mein Aussehen, das schüchtert sie ein
Ach, waget nicht ein Wort zu sprechen
Elendig nehmen sie mir mein Hab und Gut
Es stört sie
Sie machen aus mir den Tyrannen
Weil ich versuche zu lernen
Nun sitze ich hier, in diesem Klassenraum
Nackt
Das Verstecken meiner Haare
Ja, das macht ihnen Angst
Angst vor einem Stück Tuch
Welches meinen Kopf verdeckt
Ich bin eine, genauso wie die anderen
Doch nein,
Als Monster sehen sie mich
Meine Heimat bombardiert und kaputt
Ich suche eine zweite Chance
Hier, in einem neuen Land
Gleichberechtigung, Religionsfreiheit
Das haben sie mir versprochen
Nun sitze ich hier, in diesem Klassenraum
Allein
Beschimpft, erniedrigt, angegriffen
Nun sitze ich hier, in diesem Klassenraum
Ein Stück Tuch unterscheidet mich also
Ein Stück Tuch ist das, was mich zum Monster macht
Ich bin eine, genauso wie die anderen
Doch, als Monster sehen sie mich
Zurück in mein Land soll ich gehen
Das sagen sie mir
Doch hier, hier ist mein Land
Ich bin eine, genauso wie die anderen
Kämpfen, diskutieren
Wann hört das alles auf ?
Als Monster sehen sie mich
Ein Stück Tuch ist das, was mich zum Monster macht
Wann hört das alles auf ?
Ein Stück Tuch ist das was mich unterscheidet
Nun sitze ich hier, nicht mehr in diesem Klassenraum
Weil ein Stück Tuch mich zum Monster macht
Doch ich bin eine, genauso wie die anderen
Aicha Joof
Der Ruf der Stille zieht meinen Geist hinweg
Nun, da ich Arbeit und Tätigkeit habe verloren.
Noch Gestern vergoß ich Lebensmüh
Zu machen, was ich einst erlernt,
doch nun ist’s aus.
Hätt‘ doch ich, wie Mutter einst gesagt,
den reichen Edelmann geehelicht.
Meine Sorgen dann wären nicht.
Mit den Armen und den Bettlern stehe ich nun gleich,
Kein schützend Dach, dem ich mich annehmen könnt‘.
Kein lieblich‘ Arm, der mir aufhilft,
Keine Seel‘, die zu Hilf‘ eilt.
Einzig was mir bleibet,
geht mit Sorgen einher.
Was wird nun geschehen?
Die Götter einzig werden entscheiden.
Doch lasst mich nicht fort gehen,
ich möcht‘ gern bleiben!
Adrian Jobst
Nun sitze ich hier wieder. Mein vertrauter Ort, mein Zuhause, doch wo bleibt die Freiheit? Wie vermag ich zu leben, wenn ich doch nicht mir selbst gehöre, sondern einem Mann bestimmt bin? Ich weiß, dass Du einen Weg für mich bereithältst und dir vermag ich zu dienen. Mit dir an meiner Seite schaffe ich alles. Du sagst mir das jeden Tag. Doch wie soll ich etwas Schaffen, wenn ich nicht frei handeln kann? Meine Bedürfnisse, begrenzt durch dein Wille. Meine Bedürfnisse, nicht möglich, denn ich bin dein. Meine Bedürfnisse, nicht realistisch, denn ich werd nie frei sein. So sitze ich hier, einsam, ganz allein, gesteinigt werd ich, sollte ich nicht treu sein. So wird mein Verlangen nach Aufklärung, Eigenständigkeit & Freiheit nie mein täglich Recht sein.
David Otto