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1000 Masken

Das Paket der tausend Schutzmasken

Ein Abi-Beinahe-Krimi mit glücklichem Ausgang

Das Abitur findet statt, auch während der Corona-Pandemie: Das war die klare Ansage des Berliner Senats. Hygienische Vorsichtsmaßnahmen seien zu treffen. Zum Stand der Vorbereitungen antwortete am 16. April der Schulleiter des Rosa-Luxemburg-Gymnasiums auf die RBB-Frage „Haben Sie genügend Masken und Handschuhe?“: „Handschuhe haben wir da, Masken nicht.“

In dieser Situation waren Schulleitung und eine Mutter des Hans-Carossa-Gymnasiums schon ein paar Tage früher initiativ geworden. Frau Naunapper-Jobst hatte über eine Bekannte eine Firma im Sächsischen aufgetan, die STC Engineering GmbH in Waldenburg, ein 1995 gegründetes und heute weltweit agierendes Unternehmen im Bereich der Industrie-Ausrüstung mit besten Kontakten nach Süd-Ost-Asien.

Die Firma erklärte sich bereit, 1000 Schutzmasken zu 71 cts/Stück der Schule zu liefern, rechtzeitig zum Abitur. Die Erste Abiturklausur stand für Mittwoch, den 22. April, an: drei Leistungskurse Biologie, 43 Schüler und Schülerinnen.

Nun kam es, dass die Lieferung sich zu verzögern schien. Man kennt Ähnliches aus der Presse. 200.000 vom Berliner Senat in China bestellte und bezahlte Masken haben Berlin nie erreicht. Sie waren nach Senatsangaben bei ihrem Transport auf dem Flughafen der thailändischen Hauptstadt Bangkok verschwunden.

Das Abitur rückte näher und man begann sich Sorgen zu machen. Schulleiter Rußbült erfuhr am Dienstag, einen Tag vor dem ersten Abi-Termin, von den Waldenburgern, dass die Lieferung schon am Freitag von dem Post-Unternehmen GLS ausgeliefert worden sei. Das Paket sei vor der Schultür abgelegt worden.

Vor der Tür aber lag es nicht. Niemand in der Schule hatte es angenommen oder hereingeholt. Es war unauffindbar, nicht da, weg. Grausliche Gedanken tauchten auf. Was mit den 200.000 Masken in Bangkok geschehen sei, das könnte … Und den Abiturient/innen waren vom Schulleiter Schutzmasken versprochen worden. Noch 20 Stunden bis Buffalo: Am Mittwoch um 8.30 Uhr würden sie auf der Matte stehen, in gehörigem, auf dem Boden markierten Abstand, bereit zum organisierten Einzel-Eintritt.

Eine Ersatzlösung musste her. Neue Kontakte zu STC Engineering, drängende Gespräche: Woher sollten die Masken in der Kürze der Zeit kommen? Die Zeiten der Abi-Klausuren sind immer aufregend; diesmal besonders.

Und dann kam die Botschaft aus Waldenburg: Abitur gerettet :-), 500 Masken aus dem Lager des Unternehmens werden postalisch auf den Weg gebracht. Dank nach Waldenburg, Aufatmen in Kladow. Frage nur: Schafft es die Post bis Mittwoch 8 Uhr?

Mittwoch Morgen 8 Uhr. Keine Post aus Waldenburg. Oh weh!

In Indianer-Western kommt in der größten Not die US-Kavallerie, in Mantel-und Degen-Filmen der reitende Bote des Königs. Und im glücklichen Kladow war es der motorisierte Postbote, der – es war 8 Uhr 10 – die ersehnten Schutzmasken für den heißen Atem der Prüflinge brachte. Diese Lieferung war nicht in time, sondern 10 Minuten nach on time.

Um 8.30 Uhr ging‘s dann endlich los. Nicht Procedure as every year, sondern ziemlicher Corona-Aufwand. Die drei Bio-Leistungskurse waren fast vollständig erschienen; die Prüflinge wurden vom Schulleiter, der Stellvertretenden Schulleiterin, der Oberstufen- Koordinatorin begrüßt, in die Situation eingewiesen und dann einzeln von ihrem am Boden markierten Plätzen vor der Schule zu ihren Einzel-Tischen in die abgetrennten Klausurräumlichkeiten der Turnhalle geleitet. Die Lehrerinnen, die die Aufgaben verteilten, trugen Mundschutz und Handschuhe. So konnte es gehen.

Kommentar des erleichterten Schulleiters am Nachmittag: „Das war ein Fest für die Schulleitung, dass die Prüflingen die speziellen Regeln so toll befolgt haben.“

PS: Nachricht aus Waldenburg: Das Paket der tausend Schutzmasken ist nicht verloren gegangen oder gar entwendet worden, sondern befindet sich in einem GLS-Verteilzentrum und soll am Donnerstag geliefert werden.

Text: Manfred Heun
Fotos: Heun; STC Engineering; Zarth